Macht es Sinn, die Intensitäts- und Wiederholungsbereiche im Krafttraining periodisch zu variieren? Ist der eine Wiederholungsbereich besser als der andere und wachsen die Muskeln dadurch schneller? Wie oft sollte man die Wiederholungsbereiche im Training wechseln und wann ist der richtige Zeitpunkt das Intensitätslevel zu verändern? Dieser Artikel klärt auf, wie wichtig die Periodisierung im Bodybuilding und Kraftsport ist.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Periodisierung im Bodybuilding und Kraftsport?
- Welche Art der Periodisierung ist die beste?
- Zu viel Theorie
- Worauf kommt es an?
- Fazit
- Das ausführliche Video von Simon Teichmann zum Thema Periodisierung im Bodybuilding und Kraftsport
Was ist Periodisierung im Bodybuilding und Kraftsport?
Wenn von Periodisierung in der Bodybuilding- und Kraftsportszene die Rede ist, dann ist die Variation des Trainings in Bezug auf Intensität und Wiederholungsbereich über verschiedene Zeiträume oder Zyklen gemeint. Es wird also beispielsweise eine Zeit lang in einem Maximalkraftbereich trainiert, dann im mittleren Wiederholungsbereich und schließlich im Kraftausdauerbereich.
In der Trainingswissenschaft existieren unterschiedliche Arten von Periodisierungen. Die bekanntesten Arten sind:
Lineare Periodisierung, Beispiel:
4 Wochen Training mit 70% Intensität (Sätze mit 8 Wiederholungen)
4 Wochen Training mit 75-80% Intensität (Sätze mit 6 Wiederholungen)
4 Wochen Training mit 85-90% Intensität (Sätze mit 4-5 Wiederholungen)
Wellenförmige Periodisierung
Beispiel für wellenförmige Periodisierung: Die Trainingsintensität wird 3 Wochen lang von Woche zu Woche um 10% gesteigert und sinkt anschließend 3 Wochen lang um 5% pro Woche. Daraufhin steigt die Intensität wieder 3 Wochen lang um 10% von Woche zu Woche usw.
Tägliche wellenförmige Periodisierung, Beispiel:
Trainingseinheit: 70% Intensität (Sätze mit 8 Wiederholungen)
Trainingseinheit: 80% Intensität (Sätze mit 6 Wiederholungen)
Trainingseinheit: 90% Intensität (Sätze mit 3-4 Wiederholungen)
Trainingseinheit: 60% Intensität (Sätze mit 10 Wiederholungen) usw.
Periodisierung innerhalb einer Trainingseinheit, zum Beispiel Periodisierung nach Hatfield:
Übung: Maximalkraftbereich (1-3 Wiederholungen)
Übung: mittlerer Wiederholungsbereich (6-15 Wiederholungen)
Übung: Kraftausdauerbereich (15-25 Wiederholungen)
Deload: geringe Intensität und wenig Gewicht, meistens viele Wiederholungen
Deloads werden von Bodybuildern und Kraftsportlern dafür genutzt, die Regeneration anzukurbeln, indem dem Körper eine Zeit lang Ruhe von sehr anstrengendem intensivem Training gegönnt wird.
Welche Art der Periodisierung ist die beste?
Es gibt viele Studien, welche sich mit Periodisierung im Kraftsport und Bodybuilding beschäftigen. Viele Studien gehen der Frage nach, welche Art der Periodisierung die effektivste für den Muskelaufbau ist.
Eine Metastudie kommt zu dem Ergebnis, dass keine signifikanten Unterschiede zwischen den Periodierungsarten in Bezug auf den Msukelaufbau existieren [1]. Die wellenförmige Periodisierung hat sich als minimal effektiver herausgestellt. Simon Teichmann, Personal Trainer aus Düsseldorf würde ebenso eher zur wellenförmigen Periodisierung tendieren: „Meiner Meinung nach reagiert die Muskulatur etwas besser auf Muskelwachstum, wenn das Intensitätslevel kurzfristiger wechselt.“
Zu viel Theorie
Periodisierung bzw. das Wechseln der Intensitäts- und Wiederholungsbereiche ist gut und sinnvoll für den Muskelaufbau. Um maximale Reize zu setzen, sollte der Muskel in allen Intensitätsbereichen von Maximalkraft über Hypertrophie bis hin zu Kraftausdauer trainiert werden.
Das Training sollte jedoch nicht zu sehr wissenschaftlich betrachtet werden. Anhänger der Periodisierungstechnik neigen dazu, weniger auf ihr Körpergefühl im Training zu hören und nur strikt nach dem Plan zu trainieren, der vorgegeben ist. Der Körper ist jedoch keine Maschine und reagiert je nach Verfassung von Trainingseinheit zu Trainingseinheit anders. An einem Tag spricht er auf einen hohen Wiederholungsbereich sehr gut an, an einem anderen Tag weniger und umgekehrt.
Simon Teichmann, Personal Trainer aus Düsseldorf, ist ein großer Befürworter des intuitiven Trainings: „Manchmal habe ich Tage, an denen ich Lust habe, sehr schwer im Maximalkraftbereich zu trainieren. An anderen Tagen wiederum merke ich, dass ich in diesem Intensitätsbereich nicht weiterkommen würde. Dann arbeite ich lieber in einem etwas höheren Wiederholungsbereich. Ich bewege mich auch gerne zwischen den einzelnen Übungen in unterschiedlichen Intensiäts- und Wiederholungsbereichen.“
Worauf kommt es an?
Wiederholungsbereiche
Decke in deinem Trainingsplan alle Wiederholungsbereiche ab. Du solltest Sätze mit wenig Wiederholungen und viel Gewicht, Sätze im mittleren Wiederholungsbreich mit moderatem Gewicht sowie Sätze im hohen Wiederholungsbreich mit wenig Gewicht absolvieren. Dies sorgt dafür, dass wirklich alle Muskelfasern, langsam- sowie schnellzuckende, der Muskulatur aktiviert werden und dass das Maximum für den Muskelaufbau herausgekitzelt wird.
Gefühl, intuitives Training
Höre auf dein Körpergefühl. Wenn du Lust und Drang hast, einen schweren Satz mit sehr viel Gewicht und wenigen Wiederholungen auszuführen, dann mach das. Es bringt nichts, stur den Vorgaben eines Plans zu folgen, wenn du gerade keine Lust hast, beispielsweise einen Satz im Kraftausdauerbereich auszuführen. Das Training sollte dir Spaß machen und dich nicht langweilen.
Workload
Wichtig ist, dass der Workload der Trainingseinheiten ungefähr gleich bleibt:
Workload = Wiederholungen x Sätze x Gewicht
Studien belegen, dass es keinen signifikanten Unterschied für das Muskelwachstum macht, wenn über bestimmte Zeiten unterschiedliche Intensitätslevel gefahren werden, der Workload aber gleich bleibt [2].
Progression
Einer der wichtigsten und eindeutigsten Faktoren für erfolgreichen Muskelaufbau ist die Progression von Training zu Training. Progression bedeutet eine Steigerung der Leistung entweder in Form von höherem Gewicht, mehr Wiederholungen, mehr Sätzen oder kürzeren Pausenzeiten. Auch eine Verbesserung der Übungsausführung bei gleichem Gewicht und gleicher Wiederholungsanzahl kann eine Form der Progression sein. Egal, wie du dein Training periodisierst, wenn du stetig alle Formen der Progression erreichst, dann bist du auf dem richtigen Weg.
Intensität und Effektivität
Egal, ob viel Gewicht und wenige Wiederholungen oder wenig Gewicht und viele Wiederholungen. Bringe den Muskel an sein Limit und höre nicht nach einer bestimmten Anzahl an Wiederholungen auf, nur weil es auf deinem Plan steht. Der Muskelreiz ist am größten, wenn du keine einzige Wiederholung mehr ausführen kannst und der Muskel komplett versagt.
Fazit
Für optimalen Muskelaufbau sollten alle Wiederholungsbereiche von Maximalkraft über Hypertrophie bis hin zu Kraftausdauer abgedeckt werden. Eine strikte nach Plan verlaufende Periodisierung aufgeteilt in Monate, Wochen oder Tage ist jedoch nicht notwendig. Die Intensitäts- und Wiederholungsbereiche sollten je nach Körpergefühl und Laune variiert werden. Für den Muskelaufbau entscheidend sind letztlich nur eine kontinuierliche Progression, ausreichend Workload sowie intensive und effektive Sätze.
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Das ausführliche Video von Simon Teichmann zum Thema Periodisierung im Bodybuilding und Kraftsport
Quellen:[1] https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/bitstream/20.500.11880/23400/1/Habilitationstext_Gesamt.pdf
[2] https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/1747954117746457