Man trainiert wie ein Besessener, hält konsequent jede Trainingseinheit ein und geht bei jedem Workout bis ans Limit. Doch irgendwie bleiben die Erfolge aus, oder man macht sogar Rückschritte. Fühlt man sich trotz regelmäßigem Training angeschlagen und ausgelaugt, kann das ein Zeichen für Übertraining sein. Doch es kann auch psychische Ursachen haben. Was genau ist Übertraining, wie entsteht es und was kann man dagegen tun? Erfahre hier alles wichtige über das Thema Übertraining.
Inhaltsverzeichnis
- Übertraining und das Prinzip der Superkompensation
- Übertraining ist Kopfsache?
- Stress ist nicht gleich Stressor
- Anzeichen von Übertraining
- Tipps gegen Übertraining
- Fazit
- Das ausführliche Video von Simon zum Thema Übertraining - Kann man zu viel trainieren?
Übertraining und das Prinzip der Superkompensation
In der wissenschaftlichen Literatur wird das Übertraining auf muskulärer Ebene oft mit dem Modell der Superkompensation beschrieben. Dieses beschreibt die Leistungsfähigkeit bzw. Anpassung eines Muskels in Abhängigkeit der Zeit und der Trainingseinheiten.
Wird der Muskel durch Krafttraining gereizt und erschöpft, muss dieser sich erstmal erholen und die Leistungsfähigkeit fällt für gewisse Zeit ab. Wie viel Regenerationszeit die Muskulatur benötigt, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidende Faktoren sind zum einen die Größe des Muskels und zum anderen die Intensität, mit welcher dieser belastet wurde. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Muskulatur von erfahrenen Athleten mindestens 48 bis 72 Stunden Pause benötigt, um vollständig zu regenerieren. Bei Anfängern, die keine Trainingsreize gewöhnt sind, kann dieser Prozess wesentlich länger andauern.
Das Prinzip der Superkompensation besagt, dass Übertraining genau dann entsteht, wenn die Erholungsphase unterbrochen bzw. zu kurz gehalten wird und der Muskel erneut gereizt wird, bevor er sich vollständig angepasst hat oder gar noch bevor er sein ursprüngliches Leistungsniveau wieder erreicht hat. Wird der Regenerationsprozess immer wieder unterbrochen, stagniert das Leistungsniveau des Muskels oder sinkt sogar.
Übertraining ist Kopfsache?
Übertraining kann jedoch nicht nur durch zu häufiges Training entstehen, sondern auch durch Stress, äußere Umstände und Überlastung des zentralen Nervensystems. Die Muskeln müssen vom Kopf und vom zentralen Nervensystem angesteuert werden. Ist das Gehirn mit vielen anderen Gedanken beschäftigt, ist es logisch, dass nicht die gesamte Energie für die Ansteuerung der Muskulatur beim Training aufgebracht wird.
Stress ist nicht gleich Stressor
Stress ist sehr individuell, sehr unterschiedlich von Mensch zu Mensch und hängt nicht von den Stressquellen (Stressoren) an sich ab. Was den einen in eine vollkommen gestresste und nervenaufreibende Situation bringen kann, kann den anderen komplett kalt lassen. Erst unser Kopf und unsere Gedanken sowie unser Grübeln über ein bestimmtes Problem machen das Maß des Stresses erst aus.
Dass der Kopf uns einen Strich durch die Rechnung machen kann, obwohl wir meinen, alles richtig zu machen, zeigen die Erfahrungen von Personal Trainer und Diplompsychologe Simon Teichmann: „Es gab mal eine Zeit, in welcher ich Anzeichen eines Übertrainings bei mir erkannt habe, obwohl ich alle wichtigen Parameter wie Regenerationszeiten, Schlaf und Ernährung konsequent und korrekt eingehalten habe. Die äußeren Umstände hatten jedoch starken Einfluss auf mein Gemüt und ich fühlte mich gestresst.“
Du kannst also alles richtig machen, deine Trainingseinheiten perfekt timen, ausreichend und gesund essen sowie für genügend Schlaf sorgen. Wenn dein Gehirn durch äußere Umstände und dem damit einhergehenden Stress belastet wird und du innerlich nicht damit klar kommst, kann es passieren, dass du in ein Übertraining gerätst.
Anzeichen von Übertraining
Übertraining kann sich nicht nur durch schlechtere Trainingsleistungen bemerkbar machen, sondern kann neben physiologischen auch psychische Symptome aufweisen. Folgende Anzeichen deuten darauf hin, dass du dich im Übertraining befinden könntest:
- Man fühlt sich, als würde man von einem Laster überfahren worden sein
- Gefühl von Schlappheit, aber weniger Müdigkeit
- Schwächegefühl nicht nur im Training, sondern über den gesamten Tag verteilt
- Erhöhter Puls
- Schlechtes Einschlafen
- Ungewöhnlich lange Regenerationszeiten der Muskeln
- Kraftverluste
- Muskelzuckungen
- Mangelnde Motivation fürs Training
Personal Trainer Simon Teichmann berichtet von seinen Anzeichen, die er feststellte als er sich im Übertraining befand: „Ich fühlte mich, als hätte mich ein Laster überfahren und ich fühlte mich tagsüber und im Training total kaputt. Obwohl ich abends müde war, hatte ich große Schwierigkeiten einzuschlafen, da mein Puls erhöht war. Beim Training merkte ich am deutlichsten, dass ich in ein Übertraining gefallen war. Beispielsweise war meine Brust noch völlig erschöpft, obwohl sie bereits vier Tage erholen konnte. Normalerweise sind meine Muskeln nach dieser Zeit wieder fit. Ich war jedoch beim Bankdrücken ungewöhnlich schwach. Der Muskel hat so sehr weh getan und der Muskelkater war so groß, als hätte ich die Brust erst einen Tag vorher intensiv trainiert. Der Körper hat sich nicht normal angefühlt und die Lust und das Feuer für das Training fehlte irgendwie.“
Tipps gegen Übertraining
Was kann man also tun, um Übertraining vorzubeugen, sodass man dadurch nicht zurückgeworfen wird? Bevor du, wie viele andere Betroffene, eine Abscheu gegen das Training entwickelst und es komplett aus deinem Alltag streichst, probiere die folgenden Maßnahmen aus:
- Schraube die Intensität und vielleicht auch die Frequenz deines Trainings herunter. Gehe also nicht mehr so oft trainieren und gehe nicht bis ans Muskelversagen, sondern lass‘ bei jedem Satz ein paar Wiederholungen im Tank
- Verlängere die Regenerationszeiten
- Probiere andere Wiederholungsbereiche aus
- Höre auf deinen Kopf und gehe nur zum Training, wenn du wirklich Lust hast
Wenn alles nichts hilft, gönne dir ein paar Tage oder vielleicht sogar ein bis zwei Wochen Pause und nimm kurze Zeit Abstand vom Training. Dadurch gibst du dem Körper die Möglichkeit, vollständig zu regenerieren und sich von den intensiven Trainingseinheiten komplett zu erholen. Denk dran: Niemand jagt dich und du musst niemandem etwas beweisen. Tritt lieber etwas langsamer, als dass du den Spaß und die Lust am Training komplett verlierst und eine Abscheu entwickelst.
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Fazit
Jeder kann früher oder später vom Übertraining betroffen sein. Übertraining kann nicht nur auf muskulärer, sondern auch auf psychischer Ebene durch zu viel Stress entstehen. Durch Stress wird unser Gehirn zusätzlich belastet, dieses bildet jedoch zusammen mit dem zentralen Nervensystem die Steuereinheit der Muskulatur. Aus dem Übertraining kommt man jedoch wieder heraus, sobald sich der Stress von außen legt oder man das Trainingspensum und die Intensität etwas herunter fährt. Hilft das alles nichts, kann es auch sinnvoll sein, für eine gewisse Zeit das Training komplett zu pausieren.
Das ausführliche Video von Simon zum Thema Übertraining - Kann man zu viel trainieren?