Die Annahme, dass Masturbation sich negativ auf den Muskelaufbau bzw. die Leistung auswirkt, existierte schon in der Antike. Damals verzichteten Athleten auf Sex, um fitter und konzentrierte für den Wettkampf zu sein. Diese Annahme hat sich bis heute gehalten. Anfang der 2000er führte es zur NoFap-Bewegung. Eine Gruppierung von Menschen, die für einen festgelegten Zeitraum enthaltsam leben. Immer mehr Kraft- und Hobbysportler stellen sich die Frage, ob sie für einen gewissen Zeitraum auf Sex bzw. Selbstbefriedigung verzichten sollten, um sich besser auf das Training konzentrieren zu können und den Muskelaufbau zu verbessern. Obwohl die sexuelle Erfahrung ein Grundbedürfnis des Menschen ist und das natürlichste der Welt, wird darüber kaum gesprochen. Wir wollen uns anschauen, ob regelmäßige Masturbation oder Sex sich negativ auf den Testosteronspiegel und den Muskelaufbau auswirken.
Inhaltsverzeichnis
- Senkt Masturbation meinen Testosteronspiegel?
- Kann Masturbation dem Muskelaufbau schaden?
- Welche Vorteile bringt Masturbieren?
- Ab wann ist Masturbation schädlich?
- Fazit: Masturbation hat keinen negativen Einfluss auf den Muskelaufbau
Senkt Masturbation meinen Testosteronspiegel?
Es gibt bereits Studien, die sich mit der Frage, ob Masturbation zur Senkung des Testosteronspiegels führt, auseinandergesetzt haben. Eine dieser Studien hat dabei zwei Gruppen von Männern gebildet. Gruppe 1 hatte die Anweisung acht Tage lang nicht zu masturbieren. Gruppe 2 durfte in den acht Tagen masturbieren. Am Tag sieben stellte man fest, dass Gruppe 1 ca. 145% mehr Testosteron im Blut hatte als Gruppe 2. Im ersten Augenblick klingt das nach einem Beweis für die Hypothese. Allerdings muss man sich die Daten genauer anschauen. Diese zeigten, dass die Werte bis zum fünften Tag im Grunde unverändert waren und es ab dem sechsten und siebten Tag zu einem plötzlichen Anstieg kam. Am achten Tag pendelte sich der Wert wieder auf das Ausgangsniveau ein. Eine plausible Erklärung gab es nicht. Des Weiteren wies die Studie auch Mängel auf, wie zum Beispiel, dass die Probanden den achttägigen Zeitraum beginnen konnten, wann sie wollten und nicht dokumentiert wurde, wann und wie oft in der Zeit masturbiert wurde. Auch die Anzahl der Teilnehmer sprach nicht gerade für die Aussagekraft der Ergebnisse.
Wenn wir uns den rein physiologischen Effekt des Masturbierens anschauen, so müsste auch der sexuelle Orgasmus beim Sex mit einem Partner dazu führen, dass der Testosteronspiegel sinkt. Denn beides endet mit der Ejakulation. Allerdings gibt es hier Studienergebnisse, die zeigen, dass Männer, die regelmäßig Sex haben, einen erhöhten Testosteronspiegel im Blut hatten. Mögliche Gründe dafür können die Dominanz sein, die der Mann beim Sex spürt, die körperliche Anstrengung und die Freisetzung von Glückshormonen. Auch weiß man, dass die weiblichen Pheromone die Hormone des Mannes beeinflussen.
Wenn wir nun beide Ansichten betrachten, wird deutlich, dass der Anstieg bzw. Abfall des Testosteronspiegels keine physiologischen, sondern eher psychologische bzw. neurophysiologische Ursachen hat. Die reine Ejakulation, sei es durch Sex oder Selbstbefriedigung, führt nicht dazu, dass der Testosteronspiegel sinkt bzw. steigt.
Der Testosteronspiegel schwankt bereits im Laufe des Tages. Morgens ist dieser am höchsten und abends zwischen 18 und 22 Uhr am niedrigsten. Weitere Einflussfaktoren auf den Testosteronspiegel sind unsere Ernährung, unser Stresslevel sowie ein guter oder schlechter Schlafrhythmus. Einen höheren Testosteronspiegel könnte man demnach schon durch eine entsprechende Ernährung erreichen.
Kann Masturbation dem Muskelaufbau schaden?
Wir konnten bereits feststellen, dass Masturbation oder Sex und die damit einhergehende Ejakulation keinen entscheidenden Einfluss auf den Testosteronspiegel haben. Sie können sich aber auf den Muskelaufbau auswirken. In unserer Einleitung erwähnten wir, dass bereits in der Antike viele Athleten vor einem Wettkampf auf Sex verzichteten, um die Energie für den Wettkampf zu nutzen. Heute weiß man, dass Sex bzw. Masturbation kurz vor dem Training dazu führen kann, dass man weniger Leistung im Training bringt. Nach dem Höhepunkt schüttet unser Körper das Hormon Prolaktin aus. Prolaktin macht uns müde. Das erklärt auch, warum die meisten Menschen nach einem Orgasmus viel entspannter sind und leichter einschlafen können. Unser Körper schüttet noch 20 Minuten nach dem Orgasmus das Hormon Prolaktin aus. Bis es sein Ausgangsniveau wieder erreicht hat, kann es 30 Minuten bis zwei Stunden dauern. Das bedeutet, sollte man kurz nach einem Orgasmus ins Training gehen, wird man kaum ein intensives und sauberes Training schaffen. Zwischen der Masturbation bzw. dem Sex und der nächsten Trainingseinheit sollte demnach ein Zweitfenster von zwei bis drei Stunden liegen.
Das zeigt, dass die Athleten und ihr Verzicht auf Sex vor einem Wettkampf, gar nicht mal so falsch war.
Welche Vorteile bringt Masturbieren?
Das Masturbation viele positive Effekte hat, wurde inzwischen mehrmals bewiesen. Folgende positive Effekte konnte man feststellen:
- Gefahr von Prostatakrebs wird verringert
- Es hilft dabei, besser zu entspannen.
- Vor dem Schlafengehen kann es dabei helfen besser einzuschlafen
- Es werden Endorphine ausgeschüttet, was zu einem besserenWohlbefinden führt
- Es reduziert Stress
- Verbessert die Qualität der Spermien bei Männern
- Stärkt das Immunsystem
Ab wann ist Masturbation schädlich?
Die meisten Kinder entdecken schon im Alter von 3 oder 4 Jahren, dass sie sich sexuell stimulieren können. Selbstbefriedigung ist ein normaler Entwicklungsschritt im Alter der Kinder. Sie bemerken, dass ihnen die Masturbation Spaß macht, und sollten von den Eltern nicht eingeschränkt werden. Eltern können offen damit umgehen und ihren Kindern erklären, was dieser Vorgang bedeutet. Meist haben Kinder auch keine hohe Schamgrenze. Eltern können dann darauf hinweisen, dass die Selbstbefriedigung etwas sehr Privates ist und nicht in der Öffentlichkeit gemacht wird. Ein offenes Gespräch darüber, kann vermeiden, dass Kinder sich dafür schämen und Schuldgefühle entwickeln und dadurch Probleme entstehen. Leider wird Masturbation noch immer als Tabuthema behandelt und auch heute noch von der Katholischen Kirche zum Beispiel als Sünde angesehen.
Laut Diplompsychologe, Simon Teichmann, kann Masturbation eher „schädlich“ sein, wenn es in einen Leidensdruck driftet. Man sollte sich in dem Fall von außen betrachten und sich fragen, ob die Masturbation dazu führt, dass man nicht mehr der oder die ist, der/die man sein möchte. Dies sollte man dann hinterfragen. In der Regel liegt es dann nicht an der Masturbation selbst, sondern eher daran, dass man sich schuldig fühlt. Weiter führt Diplompsychologe Simon Teichmann aus, dass bei vielen die Masturbation oft mit dem Konsum von Pornos einher geht. Dies kann dann so weit gehen, dass man durch den übermäßigen Konsum von Pornografie abstumpft (Sucht) und ohne das Anschauen von Pornos nicht mehr sexuell erregbar ist oder immer wildere Sachen braucht, um sexuelle Stimulation zu bekommen. Dies kann so weit gehen, dass der eigene Partner dann nicht mehr ausreicht. Auch kann die Sucht nach Pornos dazu führen, dass man seine sozialen Kontakte vernachlässigt und weniger raus geht oder Probleme dabei hat auf Frauen oder Männer zuzugehen, weil man durch die Pornos ein falsches Bild vermittelt bekommt. Dies sind negative Folgen der Pornosucht und nicht des Masturbierens. In solchen Fällen kann der Verzicht (vor allem auf Pornos) dabei helfen, sich wieder auf sich zu konzentrieren und zu sich zu finden.
Wie kommt es nun, dass Menschen von sich sagen, dass es ihnen besser geht, wenn sie nicht mehr masturbieren?
Diplompsychologe Simon Teichmann erläutert, dass es logisch ist, dass man sich besser fühlt, wenn man etwas nicht mehr macht, was man als schlecht empfindet oder was Schamgefühle bei einem auslöst. Vor allem, wenn die Häufigkeit des Masturbierens bzw. der oft damit einhergehende Konsum von Pornografie dazu geführt hat, dass man mehr zu Hause war, den Anschluss an seine sozialen Kontakte verloren hat und/oder seinen Hobbys, wie dem Sport, nicht mehr nachgegangen ist. Die Fähigkeit sein Verhalten zu steuern und zu kontrollieren (Selbstwirksamkeit) führt dazu, dass man sich besser fühlt und sich wieder auf die Dinge fokussiert, die einem wichtig sind.
Fazit: Masturbation hat keinen negativen Einfluss auf den Muskelaufbau
Viele Sportler sind noch heute davon überzeugt, dass Sex und Masturbation den Testosteronspiegel senken und den Muskelaufbau hemmen. Allerdings haben wir gesehen, dass an dieser Annahme nicht viel Wahres dran ist. Zwar zeigten die Untersuchungen, dass der Verzicht auf einen sexuellen Orgasmus den Testosteronspiegel erhöhen kann, jedoch der Anstieg sehr gering ist und auf lange Sicht gesehen, keinen Einfluss auf den Muskelaufbau hat. Andere Studien zeigten, dass regelmäßiger Sex den Testosteronspiegel steigen lässt, dieser aber nach kurze Zeit sein Ausgangsniveau erreicht. Sex und Masturbation haben keinen negativen Einfluss auf den Testosteronspiegel und hemmen den Muskelaufbau nicht. Jedoch sollte man darauf achten, dass zwischen dem sexuellen Orgasmus und dem nächsten intensivem Krafttraining ein Zeitfenster von 2-3 Stunden liegt. Der Grund dafür ist das Hormon Prolaktin, welches nach einem Orgasmus ausgeschüttet wird und uns eher müde macht. Für das Krafttraining ist dies nicht gerade förderlich. Regelmäßiges Masturbieren kann negative Auswirkungen haben, wenn es mit dem hohen Konsum von Pornografie einhergeht und man die Dinge vernachlässigt, die einem gut tun. Vor allem wenn es in einen Leidensdruck abdriftet und Schuld- und Schamgefühle hervorruft. Dann kann eine Pause dabei helfen, dass man sich wieder auf sich konzentriert, Selbstwirksamkeit ausübt und sich in seiner Haut wieder gut fühlt.